P. Schwartz-Wort für den Monat Oktober

Jesus hat uns seine Lehre nicht nur durch Worte gelehrt, wenn er z.B. sich als den guten Hirten darstellte, das waren nicht nur Worte, sondern er hat sich als guter Hirte in der Tat gezeigt, da er sich für uns, seine Schafe, ganz aufopferte und sein Leben für unser Heil hingab. Jesus suchte unser Heil, unser Wohl, unser ewiges Glück; die Welt, die Eigenliebe wollen unseren Untergang. Wir sind die Glücklichen, meine lieben Söhne, denn wir sind Ordensleute und haben, Gott sei Dank, andere Ansichten. Wir haben Jesum zu unserem Lehrmeister erwählt und sind in seine Schule, in den Ordensstand eingetreten. Aber auch hier müssen wir erst lernen. Wie ein Knabe, der in die erste Gymnasialklasse geht, noch lange Zeit braucht und noch viel studieren muß, bevor er es zu etwas bringt, bevor er, sagen wir z.B. ein Priester wird, so sind auch wir noch kleine Kinder in der Schule Jesu, und wir müssen recht fleißig noch lernen, bevor wir es zu etwas bringen. Was ist aber einem Kinde vor allem notwendig, wenn es etwas lernen will? Das erste und Notwendigste ist: Das Kind muß aufpassen, was der Lehrer sagt; dann kann es auch etwas begreifen und lernen. Wenn aber das Kind schwätzt und herumschaut und Dummheiten macht, während der Lehrer Vortrag hält, so wird es sehr wenig wissen. Und wenn der Lehrer dann fragt: Was habe ich jetzt gesagt? weiß es nichts zu antworten. Das Kind muß also aufpassen. So ist es auch im geistlichen Leben. Wir müssen achtsam sein auf die Lehren unseres göttlichen Lehrmeisters.

Aber das Aufpassen allein genügt noch nicht. Eben wie das Kind lernen muß, was ihm der Lehrer sagt, wie es langsam die Buchstaben nachmachen lernt und so durch das fleißige Lernen eine Fertigkeit erlangt, so müssen auch wir, was uns Jesus gelehrt hat, ausführen. Das hat er selbst gesagt und verlangt. Er machte einmal den Pharisäern den Vorwurf, daß sie nicht auf das Wort Gottes hören wollen: „Wer aus Gott ist, der hört Gottes Wort; ihr aber wollt es nicht hören, weil ihr nicht aus Gott seid.“ [vgl. Joh 8,47] Was ist das für ein Hören, von dem da Jesus spricht? Das Hören mit den leiblichen Ohren ist da nicht gemeint! Jesus hätte ja gelogen, wenn er vom leiblichen Hören gesprochen hätte, denn gerade in diesem Augenblicke, wo er den Pharisäern den Vorwurf machte, haben sie ja das Wort Gottes angehört. Jesus wollte aber sagen: Ihr befolget es nicht; wer aus Gott ist, der hört Gottes Wort, heißt nichts anderes, als: Wer das Wort Gottes höret, der richtet auch sein Leben danach ein, der lebt wie ein Christ. Der Christ geht an Sonntagen in die Predigt, nicht um etwas Erbauliches zu hören; würde er nur diese Meinung dabei haben, so würde er wenig Nutzen aus der Predigt für seine Seele ziehen. Er muß die Predigt anhören mit dem Vorsatze, sein Leben zu bessern, und nach dem, was er hörte, sich auch richten. Ebenso nützt es einem Ordensmanne wenig, daß er oft geistliche Vorträge anhört, wenn er danach sein Leben nicht einrichtet. Wenn wir träge und saumselig sind in der Schule Jesu, so werden wir auch nach vielen Jahren nicht einmal das ABC des geistlichen Lebens kennen.

Sel. P. Anton Maria Schwartz, Konferenz  an die Mitbrüder vom 7.5.1896